Ankita Negi, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2024 :

"Energie-Zeit-Ptychographie für Mössbauer-Resonanzen"


"Energy Time Ptychography for Mössbauer Resonances"


Der Volltext wurde als Buch/Online-Dokument (ISBN 978-3-8439-5535-5) im Verlag Dr. Hut veröffentlicht.

Summary

Kurzfassung

Die Mössbauer-Spektroskopie erforscht die Eigenschaften eines Objekts auf atomarer Ebene, indem sie untersucht, wie Atomkerne mit ihrer lokalen magnetischen und chemischen Umgebung wechselwirken. Mit dem Aufkommen fortschrittlicher Synchrotronquellen ist eine Zeitdomänenversion dieser Technik entstanden. Sie beruht auf der rückstoßfreien Resonanzstreuung von Synchrotronstrahlung an Mössbauer-Kernen. Bei dieser Methode, die als Kernresonanzstreuung (NRS) bezeichnet wird, werden die Kernanregungen im Objekt als Schwebungsmuster in der Zeit nachgewiesen. NRS dient sowohl als Werkzeug zur atomaren Charakterisierung in der Materialwissenschaft als auch als Mittel zur Untersuchung der grundlegenden Wechselwirkung zwischen Licht und Materie. NRS-Messungen im Zeitbereich bieten mehrere Vorteile gegenüber der herkömmlichen Mössbauer-Spektroskopie im Energiebereich, darunter eine bessere Energieauflösung, Empfindlichkeit und kürzere Messzeiten. Diese Vorteile ergeben sich aus dem überlegenen Fokus, der Kohärenz und der Brillanz der Synchrotronstrahlung im Vergleich zu laborgestützten Quellen. Die Analyse und Anpassung von NRS-Daten im Zeitbereich ist jedoch nicht trivial und erfordert in der Regel komplexe physikalische Modelle und Simulationssoftware. Um dieses Problem zu lösen, hat sich die jüngste Forschung auf die Entwicklung von Synchrotron-Mössbauer-Quellen für Messungen im Energiebereich konzentriert. Da diese Quellen nur schwer herzustellen, zu stabilisieren und zu reproduzieren sind, schlagen wir vor, die Herausforderung in den Bereich der Berechnungen zu verlagern. Anstatt sich auf Synchrotron-Mössbauer-Quellen zu verlassen, wollen wir die Streustärke und Phase im Energiebereich aus Messungen im Zeitbereich extrahieren, indem wir ihre Fourier-Beziehung nutzen. Dazu muss ein nichtlineares, nichtkonvexes inverses Problem gelöst werden, das aufgrund seiner eindimensionalen Natur von Natur aus schwierig ist. Unser Ansatz basiert auf der Ptychographie, einem Verfahren zur scannenden kohärenten Beugungsabbildung, der zwei Hauptschritte umfasst: Zunächst nehmen wir mehrere sich überlappende Messungen des Objekts im Zeitbereich mit einem energetisch verschobenen Beleuchtungsfenster einer Referenzprobe und erstellen so ein Energie-Zeit- 'Ptychogramm'. Anschließend verwenden wir ein Optimierungsmodell, eine sogenannte Ptychographie-Engine, um das komplexe Objekt mithilfe von Computeralgorithmen aus dem Ptychogramm zu rekonstruieren. Numerische Tests zeigen die Robustheit unseres Ansatzes bei der Rekonstruktion des komplexen Objekts, selbst bei Rauschen und geringer Überlappung im Ptychogramm. Darüber hinaus validieren wir die Methode durch praktische Implementierungen in Proof-of-Concept-Experimenten. Die Experimente beinhalten die Rekonstruktion der komplexen Energiedomänenantwort einer mit dem Mössbauer-Isotop Fe-57 angereicherten Eisenfolie, wobei zwei verschiedene Referenzproben verwendet werden: eine dicke Fe-57-angereicherte Edelstahlfolie und ein angereicherter Edelstahlfolie-Nanofilm, der in eine Röntgenstrahlenkavität eingebettet ist. Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, inkohärente Effekte in Versuchsaufbauten zu verstehen und abzuschwächen, und wie wichtig ein längerer Bunch-Abstand der Synchrotronstrahlung für eine erfolgreiche Phasengewinnung ist. Die Erforschung der NRS-Ptychographie mit modernen Röntgen-FEL-Quellen ist aufgrund ihrer hohen Kohärenz und einzigartigen Zeitstruktur vielversprechend. Darüber hinaus bietet die Anwendung der Technik auf andere Mössbauer-Isotope, z. B. Zinn (Sn-119), spannende Möglichkeiten für weitere Forschungen.

Titel

Kurzfassung

Summary

Mössbauer spectroscopy studies atomic-level properties of an object by probing how atomic nuclei interact with their local magnetic and chemical environments. With the advent of advanced synchrotron sources, a time-domain version of this technique has emerged, which relies on the recoil-less resonant scattering of synchrotron radiation by Mössbauer nuclei. This method, called nuclear resonant scattering (NRS), detects the nuclear excitations in the object as beat patterns in time. NRS serves both as a tool for atomic characterization in material science and as a means to study the fundamental interaction between light and matter. Time-domain NRS measurements provide several advantages over traditional energy-domain Mössbauer spectroscopy, including better energy resolution, sensitivity, and reduced measurement times. These benefits stem from the superior focus, coherence, and brilliance of synchrotron radiation compared to lab-based sources. However, analyzing and fitting time-domain NRS data is non-trivial and typically requires complex physical models and simulation software. To address this, recent research has focused on developing synchrotron Mössbauer sources for energy-domain measurements. Since these sources are difficult to fabricate, stabilize and replicate, we propose to shift the challenge to the computational realm. Instead of relying on synchrotron Mössbauer sources, we aim to extract the scattering magnitude and phase in the energy domain from time-domain measurements using their Fourier relationship. This involves solving a non-linear, non-convex inverse problem, which is inherently difficult due to its one-dimensional nature. Our approach is based on Ptychography, a scanning coherent diffraction imaging technique, with two main steps: First, we take multiple overlapping time-domain measurements of the object with an energy-shifted illumination window of a probe, creating an energy-time 'ptychogram.' Then, we use an optimization framework, called a ptychography engine, to reconstruct the complex object from the ptychogram using computer algorithms. Numerical tests demonstrate the robustness of our approach in reconstructing the complex object, even with noise and reduced overlap in the ptychogram. Furthermore, we validate the method through practical implementations in proof-of-concept experiments. The experiments involve reconstructing the complex energy domain response of an iron foil enriched with the Mössbauer isotope Fe-57, employing two distinct probes: a thick Fe-57-enriched stainless steel foil and an enriched stainless steel nanofilm embedded in an X-ray cavity. Our results underscore the importance of understanding and mitigating incoherent effects in experimental setups, as well as longer bunch spacing of the synchrotron radiation for successful phase retrieval. Exploring NRS ptychography with modern X-ray FEL sources holds promise due to their high coherence and unique time structure. Additionally, applying the technique for other Mössbauer isotopes, e.g., tin (Sn-119), presents an exciting opportunity for further research.